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Nicht-binäre Kategorie beim Tokio-Marathon: Ein Schritt in Richtung Inklusion Eine neue Möglichkeit für Läuferinnen und Läufer  Beim diesjährigen Tokio-Marathon (02. März 2025) gibt es erstmals eine nicht-binäre Kategorie. Damit wollen die Veranstalter ein Zeichen für mehr Vielfalt im Sport setzen. Menschen, die sich weder als männlich noch als weiblich identifizieren, können sich nun offiziell in dieser Kategorie anmelden. Tokio folgt damit dem Beispiel von großen Marathons wie in Berlin, Boston, Chicago, London und New York, die diese Option bereits 2021 eingeführt haben.  Japan hat lange das Ideal einer homogenen Gesellschaft verfolgt, in der Einheit und Ähnlichkeit als erstrebenswert galten. Doch das Land öffnet sich zunehmend für neue gesellschaftliche Konzepte, insbesondere in Bezug auf Geschlechterrollen. Schon bei den Olympischen Spielen in Tokio 2021 stand das Motto "Unity in Diversity" ("Einheit in Vielfalt") im Mittelpunkt. Nun setzt auch der Tokio-Marathon diesen Ansatz um.  Die neue Kategorie gilt nicht nur für nicht-binäre Personen im Hauptfeld, sondern auch für Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Sehbehinderung, geistiger Beeinträchtigung oder als Rollstuhlfahrer. Das ist ein Novum in Japan und wird als bedeutender Schritt für mehr Gleichberechtigung im Sport angesehen. Ein Beispiel für diese Entwicklung ist die steigende Anzahl nicht-binärer Teilnehmender bei internationalen Wettkämpfen wie den World Marathon Majors. Nicht-binäre Menschen in Japan - gesellschaftlicher Wandel  In Japan identifizieren sich laut einer Umfrage aus dem Jahr 2016 rund 14,6 Prozent der LGBTQ+-Gemeinschaft als nicht-binär. Während sich die Gesellschaft allmählich öffnet, gibt es nach wie vor Widerstände. Häufig werden nicht-binäre Menschen in Japan als "X-Gender" bezeichnet. Der Vorschlag zur Einführung der neuen Marathon-Kategorie kam von einem trans* Mitglied der Bezirksversammlung von Setagaya, das sich für mehr Vielfalt und eine offene Gesellschaft einsetzt. Internationale Debatten und Herausforderungen  Während Japan mit dieser Neuerung einen großen Schritt nach vorne geht, ist die Diskussion um Geschlechtervielfalt im Sport international umstritten. Besonders in den USA wird das Thema stark politisiert. Der amtierende US-Präsident Donald Trump erließ ein Dekret, das trans* Personen die Teilnahme an Mädchen- und Frauensportarten untersagt. Auch der Leichtathletik-Weltverband World Athletics steht vor der Herausforderung, Fairness und Inklusion zu vereinen. Eine dritte Geschlechtskategorie wird von vielen als möglicher Kompromiss gesehen.  Doch es gibt auch kritische Stimmen: Trans* Personen identifizieren sich meist klar als Mann oder Frau und möchten nicht zwangsläufig einer dritten Kategorie zugeordnet werden.  Wie hat es der Weltverband World Athletics geregelt?  Der Leichtathletik-Weltverband World Athletics hat im März 2023 neue Regelungen eingeführt, die die Teilnahme von Athletinnen mit Geschlechtsunterschieden (DSD) und Transgender-Athletinnen betreffen. Demnach dürfen Transgender-Frauen, die eine männliche Pubertät durchlaufen haben, nicht in der Frauenkategorie bei internationalen Wettbewerben antreten. Für Athletinnen mit DSD gelten verschärfte Anforderungen hinsichtlich des Testosteronspiegels, der nun unter 2,5 nmol/L liegen muss, und dies über einen Zeitraum von zwei Jahren, um in der Frauenkategorie startberechtigt zu sein. ?  Im Februar 2025 kündigte World Athletics an, weitere Anpassungen dieser Richtlinien zu prüfen. Ein Vorschlag beinhaltet die Einführung von Gentests, um das Vorhandensein des SRY-Gens festzustellen, welches für die männliche Geschlechtsentwicklung verantwortlich ist. Diese Maßnahme zielt darauf ab, die Integrität des Frauenwettbewerbs zu schützen und faire Bedingungen sicherzustellen.  Bezüglich der Einführung einer nicht-binären Kategorie hat World Athletics bislang keine offiziellen Regelungen veröffentlicht. Einige große Marathonveranstaltungen, wie Berlin, der London-Marathon und jetzt Tokio, haben jedoch eigenständig eine solche Kategorie eingeführt, um die Inklusion und Vielfalt im Sport zu fördern. ?  So handhabt es der Deutsche Leichtathletikverband DLV Leitfaden zur Teilnahme nicht-binärer Läufer*innen im Laufsport  Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hat bisher keine offizielle Stellungnahme zur Einführung einer nicht-binären Kategorie bei Wettkämpfen veröffentlicht. Allerdings zeigt der DLV durch seine Kampagne "Leichtathletik ist Vielfalt" Engagement für Diversität und Inklusion im Sport. Im Rahmen dieser Initiative wurde Februar 2024 ein Leitfaden erstellt, der Veranstalter dabei unterstützen soll, Vielfalt zu fördern und eine inklusive Gemeinschaft zu schaffen. Dieser Leitfaden wird durch ein spezielles Label ergänzt, das geschlechterinklusive Veranstaltungen auszeichnet. ?  Es bleibt abzuwarten, ob der DLV in Zukunft spezifische Regelungen oder Empfehlungen zur Einführung nicht-binärer Kategorien bei Leichtathletikveranstaltungen herausgeben wird.?  Die Diskussion über die Teilnahme von nicht-binären und Transgender-Athletinnen und Athleten im Leistungssport bleibt komplex und entwickelt sich kontinuierlich weiter, wobei Aspekte der Fairness und Inklusion sorgfältig abgewogen werden müssen.?  Â
__________________________________ Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln Foto: TheNickster |