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Nicht von vorn - wie Muskeln beim Training schneller zurückfinden
 
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24.05.2025 

 

Gezieltes Krafttraining unterstützt nicht nur den Laufstil - es stärkt auch das muskuläre Gedächtnis und erleichtert den Wiedereinstieg nach Trainingspausen
 
Muskelgedächtnis: Warum sich der Körper an Training erinnert -
und was das für Läufer bedeutet

 
Laufpausen kommen vor - ob durch Krankheit, berufliche Belastung, Urlaub oder mangelnde Motivation. Viele Läuferinnen und Läufer teilen die Sorge, dass selbst kurze Unterbrechungen zu einem deutlichen Verlust an Fitness führen. Doch die gute Nachricht lautet: Muskeln sind deutlich weniger nachtragend, als oft befürchtet. Sie verfügen über ein bemerkenswertes Erinnerungsvermögen.
 
Wissenschaftler der Universität Jyväskylä in Finnland haben dieses sogenannte Muskelgedächtnis untersucht. In einer Studie mit sportlich aktiven, aber im Krafttraining unerfahrenen Männern und Frauen im mittleren Alter zeigte sich: Die Muskulatur ist in der Lage, sich an frühere Trainingsreize zu erinnern - und das selbst nach längeren Pausen. Die Teilnehmenden trainierten zehn Wochen lang im Kraftbereich, pausierten anschließend für zehn Wochen vollständig und absolvierten danach einen weiteren zehnwöchigen Trainingsblock. Insgesamt wurden 116 Muskelbiopsien entnommen und über 3.000 Muskelproteine analysiert. Dabei identifizierten die Forscher zwei zentrale Reaktionsmuster: Trainingsspezifische Proteine, etwa solche des Energiestoffwechsels, sanken während der Pause ab, stiegen beim Wiedereinstieg jedoch wieder deutlich an. Besonders interessant war ein anderes Protein - Calpain-2 -, das auch während der Ruhephase erhöht blieb. Calpain-2 wird durch intensives Training epigenetisch beeinflusst, das heißt, die Muskelzellen verändern sich dauerhaft in ihrer genetischen Regulation. Dadurch bleiben "Erinnerungen" an frühere Belastungen erhalten und beschleunigen den Wiedereinstieg.
 
Für den Laufsport ist das eine erfreuliche Erkenntnis. Auch wenn sich die Studie auf Krafttraining konzentrierte, ist das Prinzip übertragbar. Koordinative Fähigkeiten, Bewegungsökonomie und muskuläre Anpassungen werden auch beim Laufen trainiert und bleiben teilweise bestehen. Wer über längere Zeit strukturiert trainiert hat, profitiert bei einer Rückkehr ins Training von diesen gespeicherten Erfahrungen. Das erklärt, warum viele nach einer längeren Pause schneller zur alten Form zurückfinden, als ursprünglich erwartet. Die sportliche Leistungsfähigkeit muss nicht vollständig von vorn beginnen, sondern folgt einem beschleunigten Wiederaufbau - unterstützt durch das gespeicherte Trainingsgedächtnis.
 
Das bedeutet jedoch nicht, dass Trainingspausen folgenlos bleiben oder ein Rückstand sich von allein auflöst. Aber es zeigt, dass ein Wiedereinstieg nicht bei null beginnt. Wer den Trainingsumfang nach einer Pause dosiert steigert, dem Körper Zeit zur Anpassung lässt, auf Regelmäßigkeit statt auf sofortige Intensität setzt und ergänzend Kraft- oder Koordinationseinheiten integriert, kann die Rückkehr effizient gestalten. Die Teilnehmenden der finnischen Studie waren am Ende der zweiten Trainingsphase sogar leistungsfähiger als nach der ersten. Ein bemerkenswerter und ermutigender Befund.
 
Das Muskelgedächtnis ist damit mehr als nur eine Theorie - es ist ein biologischer Vorteil, der insbesondere Ausdauersportlern zugutekommt. Die Zellen erinnern sich an frühere Belastungen. Statt eine Pause negativ zu bewerten, lohnt sich ein gelassener Blick: Der Körper verzeiht - und hilft, zur gewohnten Leistungsfähigkeit zurückzufinden.



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Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln