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Yuki Kawauchi - der "bürgerliche Marathonläufer"
 
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22.08.2025 

 

 
Yuki Kawauchi - der "bürgerliche Marathonläufer"

 
Als Yuki Kawauchi 2018 den Boston-Marathon gewann, war die Welt überrascht - doch diejenigen, die seine Geschichte kannten, waren es weniger. Denn Kawauchi war bereits zuvor ein Symbol für etwas geworden, das im Hochleistungssport selten geworden ist: echte Leidenschaft ohne kommerzielle Interessen. Ein Athlet, der mit bescheidenen Mitteln, aber umso größerem Herz die Marathonszene aufmischte - und das mit einem Vollzeitjob als Verwaltungsbeamter.
 
Kawauchi wuchs in Japan auf, in einer Gesellschaft, in der Disziplin, Pflichtbewusstsein und Durchhaltevermögen große Werte sind. Schon früh begann er mit dem Laufen, aber sein Weg führte ihn nicht in die Förderprogramme der großen japanischen Universitäten oder zu einem Profiteam. Er wurde Beamter - und lief dennoch weiter. Während andere Profis von Sponsoren, Trainingslagern und Ernährungsplänen unterstützt wurden, stellte Yuki seine Schuhe selbst, nahm Urlaub für Wettkämpfe und war bekannt dafür, auch bei kleinen Stadtläufen aufzutauchen - einfach, weil er Spaß daran hatte.
 
Er lief mehr Marathons als fast jeder andere Eliteläufer - nicht drei oder vier im Jahr, sondern manchmal zehn oder mehr. In einem Jahr sogar zwölf. Dabei ging es ihm nie um Geld oder Ruhm. Er liebte die Herausforderung, das Duell gegen sich selbst und die Uhr. Seine Renntaktik war oft kompromisslos: Vollgas von Beginn an. Er riskierte viel, scheiterte manchmal, wurde aber auch zur Legende.
 
Sein großer Moment kam am 16. April 2018 beim traditionsreichen Boston-Marathon. Das Wetter war miserabel: eiskalter Regen, starker Wind, Temperaturen nur knapp über dem Gefrierpunkt. Viele Favoriten gaben auf oder kamen deutlich hinter den Erwartungen ins Ziel. Kawauchi aber blühte auf - genau solche Bedingungen lagen ihm. Nach einem dramatischen Rennen überholte er den führenden Geoffrey Kirui auf den letzten Kilometern und gewann in 2:15:58 Stunden. Es war der erste Sieg eines Japaners in Boston seit 1987 - und ein emotionaler Triumph für einen Läufer, der nie den klassischen Weg gegangen war.
 
Nach diesem Sieg kündigte Kawauchi seinen Beamtenjob und wurde doch noch Profi. Aber sein Herz, sagen viele, ist das eines Hobbyläufers geblieben. Er ist bis heute jemand, der sich in der Menge verliert, bei lokalen Läufen startet, Autogramme gibt und Selfies macht. Einer, der zeigt, dass Laufen mehr ist als Leistung - es ist Charakter, Beharrlichkeit und Liebe zur Bewegung.
 
Yuki Kawauchi erinnert uns daran, dass man keine großen Sponsoren, keine perfekten Bedingungen und keine glänzende Sportkarriere braucht, um Großes zu leisten. Man braucht nur Entschlossenheit - und den Mut, seinen eigenen Weg zu gehen.



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Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln
Foto: CC-BY-SA