|
 |
Rund um das Bayer-Kreuz: Golfkrieg 1991 löste vierjährige Pause aus |
Wenn es am Sonntag wieder „Rund um
das Bayer-Kreuz“ geht, feiert der Straßenlaufklassiker seine 25. Auflage. Ein
runder Geburtstag ist der Tag des Jubiläumsrennens aber trotzdem nicht, denn
seit seiner Premiere im Jahr 1978 hat „Rund um das Bayer-Kreuz“ schon 29 Jahre
auf dem RĂĽcken. Grund fĂĽr die Diskrepanz zwischen Alter und Anzahl der
Austragungen ist unter anderem der Golfkrieg im Jahr 1991.
Weil groĂźe Konzerne wie die
Bayer AG zu dieser Zeit ihre Sicherheitsvorkehrungen aus Angst vor
terroristischen Anschlägen deutlich erhöhten, stand den Veranstaltern vom TSV
Bayer 04 um ihren Cheforganisator Manfred Dachrodt das Hochhaus W1 nicht wie in
der Vergangenheit zur VerfĂĽgung. In den Jahren zuvor war dieses meist am zweiten
März-Wochenende eines jeden Jahres von Hunderten Läuferinnen und Läufern
bevölkert worden. Sie holten sich in der damaligen Bayer-Konzernzentrale nicht
nur ihre Startnummern ab, sondern zogen sich auch um, wurden versorgt und
fĂĽhlten sich an diesen Tagen im W1 wie zu Hause.
„Die Absage durch den Bayer
Vorstand kam wenige Wochen vor der Veranstaltung“, erinnert sich Manfred
Dachrodt: „Eigentlich war schon alles für die 14. Auflage von ‚Rund um das
Bayer-KreuzÂ’ vorbereitet, die Startnummern gedruckt und das Startgeld kassiert.
Es blieb gerade noch genug Zeit, allen Teilnehmern Bescheid zu geben.“ Für den
heute 70-Jährigen war die Absage zugleich der Anlass, selbst den Rückzug aus dem
Organisationsteam anzutreten. „Nach 14 Jahren mit 13 Rennen habe ich gesagt,
‚jetzt reicht’s’“, berichtet der ehemalige Agfa-Mitarbeiter.
Dachrodt hatte das Rennen
zusammen mit GĂĽnter Pickrun, Heinz Sonnberger und Hans Schlegel 1978 ins Leben
gerufen. „Wir waren damals eine relativ große Bayer-04-Gruppe von
Altersklassenläufern, die bei vielen Rennen im Kölner Raum mitgemacht hat“, so
Dachrodt. „Irgendwann kam uns dann der Gedanke, mal etwas Eigenes auf die Beine
zu stellen.“ Die Idee einer Laufveranstaltung in Leverkusen war geboren. Doch
zuerst galt es, eine Strecke zu finden, die möglichst flach und organisatorisch
gut zu beherrschen war. Dachrodt und sein Team entschieden sich fĂĽr einen 2005
Meter langen Rundkurs im und um den Carl-Duisberg-Park. Bei den ersten Auflagen
befanden sich Start und Ziel jeweils noch am ehemaligen CD-Bad, dann erst
erfolgte der Umzug zum W1.
„Eine asphaltierte, flache und
exakt vermessene Runde war damals etwas Besonderes“, erklärt Dachrodt. Auch die
Chefetage des Bayer-Konzern war von der Idee des Laufes wie auch vom treffenden
Namen – dieser stammt von einem Motorradrennen, das einst in Leverkusen
stattgefunden hat – sofort begeistert und unterstützte die Veranstaltung von
Beginn an. „Den Namen schlug Hans Schlegel vor“, sagt Dachrodt. „Er fand schnell
unsere Zustimmung.“
Bei der Premiere 1978 kamen 200
Teilnehmer ins Ziel. Schon zwei Jahre später war die Zahl der Finisher auf 500
angewachsen. Vieles wurde zu dieser Zeit noch per Hand gemacht. „Um die Kosten
niedrig zu halten, haben wir sogar die Startnummern selbst angefertigt“, erzählt
Dachrodt und denkt in diesem Zusammenhang auch an ein Jahr zurĂĽck, als es stark
regnete: „Da klebten die Zettel, die wir im Ziel von den Nummern abrissen und
aufspießten, später so stark aneinander, dass wir sie nur mit viel Mühe wieder
auseinander brachten. Deshalb dauerte die Auswertung mehrere Wochen, die Läufer
wurden schon ungeduldig.“
Doch ansonsten war der Lauf
stets bestens organisiert, was sich schnell herumsprach und die deutschen
Top-Läufer anlockte. „Der Straßenlauf war immer wie eine kleine Deutsche
Meisterschaft auf höchstem Niveau. Der Szene diente das Rennen als
Bestandsaufnahme nach dem Wintertraining“, meint der zweimalige
3000-Meter-Hallen-Europameister Karl Fleschen aus Leverkusen, der den Lauf in
den 80er Jahren wie Streckenrekordler Christof Herle (Waldkraiburg) dreimal
gewann. Nur die Marathon-EM-Dritte Sonja Oberem (Leverkusen) stand mit ihren
vier Erfolgen öfter auf dem obersten Podest.
Sie war auch die erste Siegerin
bei der Wiederaufnahme des Rennens im Jahr 1995, damals noch unter ihrem
Mädchennamen Sonja Krolik. Als ihr Trainer Paul Heinz Wellmann Geschäftsführer
der Leverkusener Leichtathletikabteilung des TSV Bayer 04 wurde, sorgte er fĂĽr
die Wiederbelebung der Veranstaltung, deren Rekordjahr bis dahin 1989 war, als
1230 Läuferinnen und Läufer ins Ziel gekommen waren.
Beim Neubeginn lagen die Zahlen
zuerst deutlich unter denen von vor 1991. Mittlerweile ist die
Finisher-Bestmarke auf 2173 (2004) gestiegen. Nur der Streckenrekord bei den
Männern ist noch unberührt. Die 28:24,1 Minuten von Christof Herle aus dem Jahr
1985 scheinen wie in Stein gemeißelt. „Ich denke, die Strecke war früher noch
einen Tick schneller als heute“, sagt Karl Fleschen und liefert einen
Erklärungsansatz, warum bisher kein Sieger mehr in die Nähe von Herles Leistung
kam. „Damals war fast kein Höhenunterschied auf der Runde, heute sind es einige
Meter.“ Bei den Frauen sind Sonja Oberems 32:29 Minuten aus dem Jahr 2000 von
anderen unerreicht geblieben. Die Kenianerin Susan Kurui kam ihr 2004 in 32:46
Minuten noch am nächsten.
Auch heute noch ist „Rund um
das Bayer-Kreuz“ für viele Spitzen- und Freizeitläufer das erste
FrĂĽhjahrsrennen. Doch im Gegensatz zu frĂĽher ist die Konkurrenz durch andere
Veranstaltungen größer geworden. Deshalb wurde 2004 zur Erhöhung der
Attraktivität des Straßenlaufs ein Staffelrennen für Schüler, Lehrer, Betriebe
und Abteilungen sowie 2005 auch fĂĽr Familien ins Programm aufgenommen. Im
Vorjahr waren 123 Quartetts dabei. „Ich denke, der Mannschaftsgedanke in der
Individualsportart Leichtathletik kommt an“, sagt Paul Heinz Wellmann und
verspricht: „Weitere interessante Neuerungen sind für die Zukunft nicht
ausgeschlossen.“
__________________________________
Autor und Copyright: Christian Klaue
|
|