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Doping im deutschen Spitzensport wird massiv unterschätzt |
Wissenschaftler der
Universitäten in Mainz und Tübingen legen erstmals Studie zur Dunkelziffer von
Doping im Spitzensport vor
Der Einsatz von
Dopingmitteln im Spitzensport wird nach Einschätzung von Wissenschaftlern aus
Mainz und Tübingen bei weitem unterschätzt. Wie die Forscher in einer
gemeinsamen Studie schreiben, übertrifft das wirkliche Ausmaß von Doping im
deutschen Spitzensport die offiziellen Angaben um mehr als das Achtfache. Mit
der Studie wurden erstmals konkrete Zahlen vorgelegt, wie häufig Doping bei
Nachwuchsleistungssportlern vorkommt. "Die offiziellen Tests unterschätzen das
Problem", erklärt Prof. Dr. Dr. Perikles Simon vom Institut für
Sportwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. "Wir müssen nun
dringend über sinnvolle Präventionsmaßnahmen für Nachwuchsleistungssportler
nachdenken." Privatdozent Dr. Dr. Heiko Striegel von der Medizinischen
Universitätsklinik Tübingen ergänzt: "Neben der Prävention ist es auch
notwendig, mehr finanzielle Mittel für die Erforschung von Dopingnachweisen
bereitzustellen." Die Arbeiten wurden im dem Fachjournal Drug and Alcohol
Dependence veröffentlicht.
Bislang gab es zwar Schätzungen
über die Dunkelziffern beim Doping und bei der Verwendung von illegalen
Medikamenten im Freizeitsport, nicht aber für den Spitzensport. Im Spitzensport
fielen bei den Dopingtests der Internationalen und Nationalen Anti Doping
Agenturen rund ein Prozent der Test positiv aus - relativ stabil während der
letzten fünf Jahre. Simon, Striegel und ihr Kollege Prof. Dr. Rolf Ulrich vom
Psychologischen Institut der Universität Tübingen bezweifelten, dass dies der
Realität entspricht, und haben daher junge Leistungssportler mit einer anonymen
indirekten Interviewtechnik befragt. "Ein ähnliches Versuchskonzept wurde
bereits in den 60er Jahren angewandt, um zuverlässige Informationen über
Straftaten wie zum Beispiel Alkoholschmuggel zu erhalten", erklärt Simon. Das
Verfahren war dann in Vergessenheit geraten und wurde von der Arbeitsgruppe
wieder eingesetzt, um zunächst die Dunkelziffer für Doping im Freizeit- und
Breitensport zu ermitteln, aber auch um den illegalen Konsum von Drogen wie
Kokain einzuschätzen.
Bei den jetzt vorgelegten
Untersuchungen hat die Arbeitsgruppe 480 Bundes- und Landeskaderathleten aus dem
Nachwuchsbereich mit einem Durchschnittsalter von 16 Jahren befragt. 6,8 Prozent
der Athleten gaben zu, schon einmal Dopingsubstanzen verwendet zu haben. Dies
ist acht Mal mehr als der Prozentsatz von 0,81, den die Nationale Anti Doping
Agentur Deutschland bei ihren Tests in den Jahren 2003 bis 2005 ermittelt hatte.
"Die Behauptung, in Deutschland gebe es so gut wie kein Doping unter den
Leistungssportlern, ist falsch", so Simon. "Wir zeigen mit dieser Studie klar
und deutlich, dass im Spitzensport auch bei uns unerlaubte Substanzen eingesetzt
werden", sagt Striegel. Während im gehobenen Leistungssport meistens
Dopingmittel verwendet werden, die kaum nachweisbar sind, finden im
Nachwuchsbereich kaum oder gar keine Kontrollen statt. Hier sieht das
Forscherteam aus Mainz und Tübingen dringenden Handlungsbedarf zur Prävention.
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Autor und Copyright: Johannes Gutenberg-Universität Mainz & Universitätsklinikum Tübingen
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