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Leichtathleten dopen umso mehr, je dichter die Spitze beieinander liegt |
Anhand einer statistischen
Analyse von 188 Dopingfällen in der Leichtathletik aus den Jahren 1999 - 2004
stellen die Autoren fest: je dichter die Leistungen der Topathleten beieinander
liegen, desto eher neigen Sportler dazu, Dopingmittel zu benutzen. Der
Dopinganreiz resultiert sowohl aus der Hoffnung, ungedopte Konkurrenten mit
einer höheren Wahrscheinlichkeit besiegen zu können, als auch aus der Furcht,
gegenüber (potentiell) gedopten Konkurrenten in einen Wettbewerbsnachteil zu
geraten. Die Studie ist in der aktuellen Ausgabe von "Schmollers Jahrbuch -
Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften" erschienen.
Am endlosen Dopingfall der
Eisschnellläuferin Claudia Pechstein kann sehr gut dokumentiert werden, wie die
typischen Reaktionen der Sportler, der Sportverbände und der Politik auf
Dopingvorfälle aussehen. Regelmäßig wird von den Verbänden das individuelle
Fehlverhalten einzelner Athleten ebenso betont, wie es von den Betroffenen
bestritten wird. Alle zusammen, insbesondere die Sportpresse, stellen Doping so
dar, als sei es ein vereinzeltes Problem von moralisch zweifelhaft agierenden
Athleten. Dass dem so ist, glaubt kein Sportfan mehr - Beweise sind aber
naturgemäß in einem Feld, das von Heimlichkeit geprägt ist, nur schwer zu
finden. Statistische Analysen können jedoch weiterhelfen.
Eine Analyse von 188 Dopingfällen in der Leichtathletik aus den Jahren 1999 -
2004, die die Wirtschaftswissenschaftler Alexander Dilger (Westfälische
Wilhelms-Universität Münster) und Frank Tolsdorf (Universität Witten/Herdecke)
durchgeführt und aktuell in "Schmollers Jahrbuch - Zeitschrift für Wirtschafts-
und Sozialwissenschaften" veröffentlich haben, kommt zu klaren Ergebnissen. Es
geht um die Fragestellung, welche Rahmenbedingungen dazu führen, dass
Leistungssportler auf Dopingpräparate zurückgreifen. In ihrer theoretischen,
insbesondere aber auch in ihrer empirisch-statistischen Analyse weisen die
Autoren nach, dass es vor allem die "Wettbewerbsintensität" im Wettkampf ist,
die das Dopingverhalten der Athleten beeinflusst.
Zu Deutsch: Je dichter die
Leistungen der Topathleten beieinander liegen, desto eher neigen Sportler dazu,
Dopingmittel zu benutzen. Der Dopinganreiz resultiert sowohl aus der Hoffnung,
ungedopte Konkurrenten mit einer höheren Wahrscheinlichkeit besiegen zu können,
als auch aus der Furcht, gegenüber (potentiell) gedopten Konkurrenten in einen
Wettbewerbsnachteil zu geraten.
Durch die Analyse der 188
Dopingfälle wird ebenfalls offensichtlich, dass es sich bei den des Dopings
Überführten keinesfalls um vornehmlich unbedeutende Sportler handelt. Vielmehr
befinden sich unter den Athleten viele Weltrekordhalter, Olympiasieger,
Weltmeister, Kontinentalmeister, Kontinentalrekordler sowie Nationalmeister.
Diese Ergebnisse stützen die nahe liegende Vermutung, dass es sich beim Doping
um ein flächendeckendes Phänomen handelt, welches sich durch alle Bereiche des
professionellen Sports zieht.
Die Autoren gehen davon aus,
dass es auch zukünftig keinen "sauberen Sport" im traditionellen Sinne geben
wird. Frank Tolsdorf erklärt dazu: "Sofern es keine flächendeckenden Dopingtests
einschließlich Trainingskontrollen gibt, wird das System des Profisportes dazu
führen, dass weiter umfangreich und systematisch mit Dopingmitteln zum Zweck der
Leistungssteigerung gearbeitet wird. Eine hohe >Aufdeckungswahrscheinlichkeit<
ist das A und O. Genau daran aber mangelt es systematisch".
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Doping und
Wettbewerbsintensität
erschienen in der
vom RatSWD betreuten wissenschaftlichen Fachzeitschrift SCHMOLLERS
JAHRBUCH - Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (Bd.
130, Heft 1, 2010).
Der Artikel kann hier eingesehen werden ... |
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Autor und Copyrihght: Frank Tolsdorf, Universität Witten/Herdecke
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