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Der folgende Artikel baut auf die
Möglichkeit der RS800 von Polar auf, die HRV aufzuzeichnen und mittels Software
auszuwerten zu können. Weiterhin werden Funktionen des Laufcomputers am
Armgelenk vorgestellt, die mittels der HRV arbeiten.
Was ist die Herzfrequenzvariabilität? Die Herzfrequenzvariabilität (HRV, englisch: Heart Rate Variability) ist eine Messgröße der neurovegetativen Aktivität und autonomen Funktion des Herzen und kennzeichnet die Schwankung der Herzfrequenz über einen kürzeren oder längeren Messzeitraum bei der Analyse aufeinander folgender Herzschläge. Bei Gesunden schlägt das Herz nicht regelmäßig wie ein Uhrwerk, sondern der Abstand zwischen zwei Herzschlägen ändert sich ständig. Bei einer Ruheherzfrequenz von 60 Herzschlägen in der Minute erfolgt somit nicht jeder Schlag nach exakt einer Sekunde bzw. 1.000 Millisekunden. Schwankungen von über 100 Millisekunden in der Herzschlagfolge treten als natürliche Arbeitsweise des Herzens auf.
Ursächlich verantwortlich für die Schwankungen der Variabilität ist das Zusammenspiel verschiedener Organsysteme, wie z.B. das Herz, vegetative Nervensystem und das Blutgefäßsystem. Die Variabilität der HF nimmt bei chronischem Stress, bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder nach intensiven Trainings- oder Wettkampfbelastung ab. Sie steigt hingegen bei Wohlbefinden, Entspannung und stabiler Gesundheit an. Änderungen der Herzschlagfolge wurden erstmalig in der Medizin von Gynäkologen unter der Geburt beobachtet. Bei starker Stresseinwirkung auf den Fötus im Mutterleib kam es zu Schwankungen der Herzzeitintervalle, die sich in der Herzfrequenz noch nicht zeigten. Heute weiß man, dass Herzgefäßerkrankungen, psychischer Stress und Depressionen mit einer eingeschränkten HVR einhergehen. Welchen Nutzen kann man aus der HRV ziehen? Sportler, die ihre HRV im Training regelmäßig messen, haben die Möglichkeit, darüber einzelne Trainingseinheiten besser abstimmen zu können. Der Wechsel zwischen Training und Regeneration lässt sich mit der Bestimmung der HRV genauer festlegen. Dies führt zu stetigen Leistungsfortschritten im Training, weil Überforderungen rechtzeitig erkannt und vermieden werden können. So lassen sich über die HRV beispielsweise frühzeitig Infekte, oder Entzündungen erkennen. Nicht erkannte Entzündungsherde beeinflussen die Ausdauerleistungsfähigkeit und erhöhen die Belastung des Herz-Kreislauf-Systems. Im schlimmsten Fall können Entzündungen an anderen Organen (z.B. Herzmuskelentzündungen) auslösen.
Aufzeichnung der HRV und Ermittlung seiner Parameter Wer beispielsweise die RS800 von Polar sein Eigen nennt, kann die Daten bequem über einen längeren Zeitraum aufzeichnen. Mittels geeigneter Software, wie hier im Beispiel dem Polar ProTrainer 5, lassen sich die Daten im Anschluss grafisch aufbereitet anzeigen und analysieren. Weiterhin können sich für die Trainingsanalyse spezifische Parameter auflisten lassen.
Interpretation Der Herzschlag wird wesentlich über das vegetative Nervensystem gesteuert und spiegelt sich aus den folgenden zwei Aktivitäten wieder:
Ein Herz erscheint um so anpassungsfähiger, je mehr es sich beider Aktivitätsarten in einem ausgeglichenen Verhältnis bedienen kann. Ungünstig erscheint es, wenn das Verhältnis der beiden Aktivitätspole unausgewogen ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn die LF/VLF-Aktivität einseitig überwiegt (dann drohen zum Beispiel Herzrhythmusstörungen oder andere Anpassungsstörungen). Das Verhältnis zwischen sympathischer und parasympathischer Aktivität (LF/HF) liegt bei 1,5 bis 2,0 „in der Norm“. Höhere Werte bedeuten, dass das sympathische (also das aktivierende) Nervensystem übermäßig tätig ist. In einem solchen Fall kann es sinnvoll sein, durch gesundheitsfördernde Maßnahmen die parasympathischen Anteile des Nervensystems zu kräftigen. Ob solche Maßnahmen greifen, kann man dann daran überprüfen, ob sich die Verhältniszahl (Quotient) zwischen LF und HF verkleinert bzw. ob sich andere Daten verändern, die Ausdruck vermehrter parasympathischer Aktivität sind (zum Beispiel Erhöhung von PNN50 oder RMSSD).
Die "RLX"-Entspannungsrate Auf Basis der Herzfrequenzvariation misst die Polar Uhr die Entspannungsrate des Körpers. Die Entspannungsrate (RLX) zeigt die Herzfrequenzvariation als Numerischen Wert auf der Anzeige an und stellt einen modifizierten Abweichwert der Herzfrequenzvariation dar. Je höher der Wert ist, desto höher ist auch die HRV und desto mehr ist man körperlich und mental entspannt. Je niedriger anderseits der Wert ist, desto geringer ist die HRV und desto höher ist dementsprechend die physische und mentales Stressniveau. Der RLX-Wert gibt dem Sportler die Möglichkeit, sich schnell und einfach einen Überblick über sein Befinden zu verschaffen. Nach dem Training, z.B. am darauf folgenden Morgen, kann man durch Messung der Herzfrequenz und Ihrer Variation den Zustand der physischen Erholung feststellen. Eine bedeutend höhere Ruheherzfrequenz und ein ungewöhnlich geringe HRV kann ein Zeichen für unvollständige Erholung oder z.B. für eine ausbrechende Erkältung sein, und es empfiehlt sich, die Trainingsintensität an dem betreffenden Tag zu reduzieren. Um die eigene RLX zu ermitteln, sollte man sich z.B. gleich nach dem Aufwachen an drei aufeinander folgenden Tagen nach ausreichendem Schlaf messen. Diesen Wert sollte man dann mit Situationen, in denen man müde ist, unter Stress steht, erkältet ist oder nicht ausreichend ausgeschlafen ist, vergleichen.
HRV-Messung im Ruhezustand: Bei der HRV-Messung, hat die Atmung einen entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis. Daher ist es wichtig, dass man bei einer Messung im Ruhezustand den Atemrhythmus einhält. Um das Ergebnis vergleichbar zu machen, wird meist eine gleichatmige Atmung von 6 Atemzügen pro Minute empfohlen. Auch sollte möglichst tief ein- und ausgeatmet werden, um eine ausreichend starke physiologische Stimulation des neuro-kardialen Reflexbogens zu gewährleisten. Ermittlung der Fitness über die HRV Die HRV ist eine Messgröße, die eine Beurteilung sympathischer ("stress-bezogener") und parasympathischer ("entspannungsbezogener") Einflüsse erlaubt. Ein dauerhaftes Überwiegen sympathischer Erregung kann mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko (z.B. für Herzleiden, Neuropathien, Depression) assoziiert sein. Im Gegensatz dazu haben Maßnahmen wie Sport, Medikamente oder Psychotherapien einen günstigen Einfluss auf Gesundheit und HRV, weshalb diese als leicht zu messender Indikator für Therapiewirkungen gilt. Die Herzfrequenzuhren von Polar bieten hier die Möglichkeit unter Einbeziehung von Alter, Größe, Gewicht, Trainingsintensität und letztendlich der HRV-Messung einen gewissen Fitnessgrad zu ermitteln. Hierzu bedarf es einer nur weniger Minuten langer Messung im Ruhezustand. Das Ergebnis gleicht einem Wert, der die VO2max, die maximalen Sauerstoffaufnahme widerspiegelt. Ermittlung der maximalen Herzfrequenz über die HRV In der Regel bietet die einfache Faustformel "220-Lebensalter" eine einfache Möglichkeit, die maximale Herzfrequenz festzulegen. Eine Faustformel die pauschal ist und daher keine ernsthafte, wirkliche Messlatte zur Trainingssteuerung bietet. Polar bietet hierzu eine wesentlich persönlichere Möglichkeit an, die eigene, maximale Herzfrequenz mittels Einbeziehung der HRV-Messung annähernd zu ermitteln. Der Wert wird in der Regel im Rahmen der Fitness-Test ermittelt. Ein Verfahren, dass erstaunlich gute Werte liefert. Im Selbsttest stellte Laufen-in-Koeln fest, dass der ermittelte Wert um 4 Schläge/Minute über der der Faustformel lag und zwei Schläge/Minute unterhalb der in der Praxis erreichten höchsten Herzfrequenz. Bestimmen der aktuellen, individuellen Trainingszonen über Herzfrequenz und HRV Im Ausdauersport nimmt die individuelle Belastungssteuerung eine zentrale Rolle ein. Die Wahl der "richtigen", d.h. auf das Trainingsziel abgestimmten Belastungsintensität ist Grundvoraussetzung für die Ausprägung der komplexen Ausdauerleistungsfähigkeit. Werden die Trainingsbelastungen fortwährend auf die individuelle Leistungsfähigkeit und die aktuelle Belastbarkeit abgestimmt, ist ein Optimum in der Belastungssteuerung gegeben. In Ruhe ist die HRV eines gesunden Menschen normalerweise am höchsten. Unter körperlicher Aktivität nimmt die HRV ab. Die Veränderungen der HRV bei ansteigender Belastungsintensität zeigen eine enge Beziehung zu leistungsdiagnostischen Kenngrößen, wie Sauerstoffaufnahme, Herzfrequenz sowie zu metabolischen und ventilatorischen Schwellen. Bei ansteigender Belastung fällt die HRV bis zu einer Belastungsintensität von etwa 50% der maximalen Sauerstoffaufnahme steil ab. Für die Trainingsroutine stellt beispielsweise die RS800 von Polar dem Sportler unter Berücksichtigung der HRV-Parameter eine einfach durchzuführende Messung zur Verfügung, mit der die persönlichen, aktuellen Trainingszonen (OwnZone) ermittelt werden können. Hierzu muss lediglich nach einem kurzen Aufwärmen über 6-10 Minuten alle zwei Minuten das Lauftempo langsam erhöht werden. Mit der Zunahme der Herzfrequenz nimmt die HRV ab, bis das Herz fast gleichmäßig schlägt. An diesem Punkt spricht man von der trainingsreizwirksamen Schwelle, oberhalb derer ein effektives Ausdauertraining beginnt. Das HF-Messgerät ermittelt dann die individuelle Herzfrequenzschwelle und berechnet drei Herzfrequenztrainingszonen:
Zum Schluss eine interessante Erkenntnisse aus der Forschung: Stretching gut für HRV Wer regelmäßig Stretching betreibt, erfährt nicht nur eine verbesserte Befindlichkeit. Eine Untersuchung zeigte auf, dass sich im Rahmen der Studiendauer die Werte von RMSSD und pNN50 positiv änderten. Diese Werte beschreiben u.a. die vegale Aktivität. Ein Ausmaß, dass therapeutischer Interventionen (Medikamente, Sport, Psychotherapie) ähnelt. Diese Werte änderten sich übrigens unabhängig vom Erfolg des eigentlichen Stretching. So lässt sich die Vermutung aufstellen, dass Stretching besonders bei älteren Männern günstige Effekte auf Herzfunktion und autonomes Nervensystem ausübt. So können auch Leistungssportler Stretching mit Gewinn zur Stabilisierung der "autonomen Balance" nutzen. __________________________________ Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln |