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Detlev Ackermann

 
   
 
   
 
 

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Tipps von Prof. Wessinghage für Marathonläufer
 
 
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01.07.2016  

 
 

 

Prof. Wessinghage

 
Prof. Wessinghage zur richtigen Vorbereitung, den Fehlern, aber auch den Gefahren
 
Marathon laufen - das ist für viele Läufer entweder die pure Begeisterung oder eine Grenzerfahrung über unglaublich lange 42,195 km. Die Veranstaltungen sind zum Magneten für jährlich Hunderttausende weltweit geworden, der Marathon-Tourismus boomt. Prof. Dr. Thomas Wessinghage, Chefarzt und Ärztlicher Direktor der drei Medical Park Kliniken am Tegernsee und 5.000- Meter-Europameister von 1982, erläutert, worauf die Läufer achten sollten und wie körperliche und mentale Herausforderungen am besten gemeistert werden können.
 
Prof. Wessinghage zur Motivation:
Der Wunsch nach Grenzerfahrung ist vermutlich der häufigste Beweggrund, der Menschen heute zum Marathon führt. Das Außergewöhnliche erfahren, erleben, bewältigen. Auch das mit einer erfolgreichen Marathon-Teilnahme verbundene Sozialprestige gehört zu den am meisten genannten Triebfedern. Und vielleicht auch der Wunsch vieler, im etwas höheren Alter eine Sportart zu betreiben, bei der man nicht von vornherein auf verlorenem Posten steht. Einen Marathon kann man auch im Alter von 50 Jahren aufwärts sehr respektabel bewältigen. Und genießen.
 
Prof. Wessinghage zur Verwirklichung individueller Ziele: Der Marathon bietet die an sich paradox erscheinende Situation, dass bis zu 50.000 (vermeintliche) Individualisten am Start stehen, die alle das gleiche Ziel haben. Die gleichzeitig, quasi einem Herdentrieb folgend, einem gemeinsamen Endpunkt entgegenstreben. Ein Lauf ganz allein durch die Straßen von Berlin, New York oder London wäre etwas völlig anderes und mit dem alljährlichen Großereignis in keiner Weise vergleichbar. Diese Erlebnisse sind es, die eine archaische Bewegungsform auch in der modernen Cyber-Welt zum Mythos machen - allen Mühen zum Trotz. Und den Individualisten in der Masse der Gleichgesinnten untergehen lassen, ohne dass sich jemand daran stört.

Prof. Wessinghage zur richtigen Vorbereitung: Der erfolgreiche Marathon beginnt lange vor dem eigentlichen Start - oft ein Jahr vorher oder sogar noch früher. Je besser die Vorbereitung und je entspannter die Einstellung, desto schöner werden am Ende das Erlebnis und die bleibenden Erinnerungen sein. Der Anfänger sollte sich ein gutes Jahr Zeit lassen und die Vorbereitung systematisch aufbauen. Nach einem Vierteljahr sollten 10 km ohne Pause zurückgelegt werden können, nach einem halben Jahr ein Halbmarathon, nach einem Dreivierteljahr dann 30 km. Ein ausreichend dimensioniertes Zeitfenster gewährt ausreichend Spielraum, wenn nicht alles nach Plan läuft, wenn kleinere Gesundheitsstörungen die Planerfüllung behindern oder berufliche Belastungen dem umfangreichen Training phasenweise entgegenstehen.

Prof. Wessinghage zu Laufzeiten und Tunnelblick: Wenn ich Läufer auf einen dieser großen Marathonläufe vorbereite, rede ich fast nie über konkrete Laufzeiten, zumindest nicht freiwillig. Für jeden Läufer ist der erste Marathon etwas ganz Außergewöhnliches in seinem Leben - und es ist natürlich wunderbar, wenn er es schafft, dieses besondere Erlebnis zu einem außergewöhnlich schönen Erlebnis zu machen. Dieser Erfolg ist unabhängig von der gelaufenen Zeit, er wird vielmehr von tausenden Eindrücken unterwegs geprägt. Deswegen rate ich jedem, lieber etwas langsamer zu sein und die Umgebung, die Atmosphäre, die Zuschauer in sich aufzunehmen. Es wäre schade, nur mit Tunnelblick bis ins Ziel zu laufen und sich vor allem mit den eigenen Schmerzen und Unzulänglichkeiten auseinander zu setzen.
 
Übrigens: keine Angst vor einer kleinen Pause, wenn der Bewegungsapparat mal streikt oder ein kleines Leistungstief überwunden werden muss. Eine Gehpause oder Dehnübungen zur Linderung können Wunder wirken. Wenige Minuten später geht es oft schon viel besser.

Prof. Wessinghage zu gesundheitlichen Risiken: Bislang wissen wir immer noch nicht ganz genau, wie gewisse Veränderungen von Blutwerten zu interpretieren sind.
 
Diese können in nahezu identischer Form beim Marathon aber auch bei Schädigungen des Herzens auftreten. Sind sie für den Marathonläufer völlig unbedenklich oder signalisieren sie, dass der Mensch eine Grenzsituation betritt, die langfristig gesehen gesundheitlich problematisch sein könnte? Ganz sicher sind sich die Fachleute noch nicht. Das gesundheitliche Risiko läuft beim Marathon ohnehin immer latent mit. Dabei spielt nicht nur die Laufdistanz, sondern auch die Persönlichkeitsstruktur des Läufers eine entscheidende Rolle: Wie geht man mit Ermüdung, Schmerzen oder den Anzeichen einer drohenden Gefahr um (Unwohlsein, Schwindel, Kopfschmerz)? Verdrängt man die Symptome oder hat man genug Zivilcourage das Tempo zu reduzieren oder gar stehen zu bleiben? Also gilt ganz plakativ: Marathon nur für Gesunde! Wer nicht gesund ist, darf nicht laufen. Die nächste Veranstaltung kommt bestimmt!
 
Prof. Wessinghage zu den größten Fehlern: Der größte Fehler - gerade auch für den Marathon-Einsteiger - ist es, sich zu stark unter Zeitdruck zu setzen. Ein zu hohes Tempo zu Beginn kann den ganzen Marathonlauf verderben, zu vorzeitiger Erschöpfung führen und auch das Risiko der möglichen, unerkannten Krankheiten erhöhen. Kategorisch empfehlen wir jedem Marathonläufer, sich vor Beginn der Vorbereitung sportmedizinisch untersuchen zu lassen, ganz egal, ob er schon sportlich aktiv oder ein echter Anfänger ist. Viele der unschönen Ereignisse (bis hin zu Todesfällen), über die bei Marathonveranstaltungen berichtet werden musste, sind auf unzureichende medizinische Voruntersuchungen zurückzuführen. Der zweite Faktor sind die dem Läufer zwar bekannten, aber verdrängten Erkrankungen. Wenn beispielsweise ein Läufer am Tag vor dem Rennen noch etwas Fieber hatte, das am Wettkampftag aber wieder abgeklungen ist. Im Glauben, dass schon alles gut gehen werde, tritt er zum Marathon an, ist dann aber unterwegs nicht mehr vollständig Herr seiner Entscheidungen. Der Reiz des Wettkampfs gewinnt die Oberhand, er investiert zu viel - und bekommt dadurch gesundheitliche Probleme, die lebensbedrohlich sein können. Wenn sich die Läufer in solchen oder ähnlichen Situationen nur ein bisschen vorsichtiger verhalten würden, wäre schon enorm viel

Über Prof. med. Thomas Wessinghage
Ärztlicher Direktor und Chefarzt Orthopädie und Sportmedizin in den Medical Park Kliniken St. Hubertus und Am Kirschbaumhügel (Fach- und Privatklinik) in Bad Wiessee am Tegernsee. Facharzt für Orthopädie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Sportmedizin. Prof. (DHfPG) Dr. Thomas Wessinghage stammt aus dem westfälischen Hagen. Nach Studium und Dienst als Stabsarzt bei der Bundeswehr absolvierte er Assistenzzeiten in orthopädischen und chirurgischen Abteilungen in Deutschland und den USA. Im Anschluss an seine Promotion leitete er als Facharzt für Orthopädie eine Tagesklinik bei Hamburg. Anschließend ging er als Ärztlicher Direktor in eine Klinik ins Saarland, dann nach Schleswig-Holstein. Zudem ist er Prorektor für Hochschulentwicklung und Transfer an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement in Saarbrücken. Zu seinen wissenschaftlichen Arbeiten zählen Untersuchungen über die Entwicklung präventivmedizinischer Produkte sowie zur Bewegung als Voraussetzung zur Prävention von Übergewicht bei Kindern der Altersstufen von elf bis zwölf Jahren. Der ehemalige Olympionike und Bestsellerautor hält zahlreiche anerkannte Fachvorträge und Seminare zu den Themen Gesundheit, Bewegung, Laufen, Motivation und Ernährung.




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Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln


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