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Nicht von vorn - wie Muskeln beim Training schneller zurückfinden |
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Gezieltes Krafttraining
unterstützt nicht nur den Laufstil - es stärkt auch das muskuläre
Gedächtnis und erleichtert den Wiedereinstieg nach Trainingspausen |
Muskelgedächtnis: Warum sich der Körper an Training erinnert -
und was das für Läufer bedeutet
Laufpausen kommen vor - ob
durch Krankheit, berufliche Belastung, Urlaub oder mangelnde Motivation. Viele
Läuferinnen und Läufer teilen die Sorge, dass selbst kurze Unterbrechungen zu
einem deutlichen Verlust an Fitness führen. Doch die gute Nachricht lautet:
Muskeln sind deutlich weniger nachtragend, als oft befürchtet. Sie verfügen über
ein bemerkenswertes Erinnerungsvermögen.
Wissenschaftler der Universität
Jyväskylä in Finnland haben dieses sogenannte Muskelgedächtnis untersucht. In
einer Studie mit sportlich aktiven, aber im Krafttraining unerfahrenen Männern
und Frauen im mittleren Alter zeigte sich: Die Muskulatur ist in der Lage, sich
an frühere Trainingsreize zu erinnern - und das selbst nach längeren Pausen. Die
Teilnehmenden trainierten zehn Wochen lang im Kraftbereich, pausierten
anschließend für zehn Wochen vollständig und absolvierten danach einen weiteren
zehnwöchigen Trainingsblock. Insgesamt wurden 116 Muskelbiopsien entnommen und
über 3.000 Muskelproteine analysiert. Dabei identifizierten die Forscher zwei
zentrale Reaktionsmuster: Trainingsspezifische Proteine, etwa solche des
Energiestoffwechsels, sanken während der Pause ab, stiegen beim Wiedereinstieg
jedoch wieder deutlich an. Besonders interessant war ein anderes Protein -
Calpain-2 -, das auch während der Ruhephase erhöht blieb. Calpain-2 wird durch
intensives Training epigenetisch beeinflusst, das heißt, die Muskelzellen
verändern sich dauerhaft in ihrer genetischen Regulation. Dadurch bleiben
"Erinnerungen" an frühere Belastungen erhalten und beschleunigen den Wiedereinstieg.
Für den Laufsport ist das eine
erfreuliche Erkenntnis. Auch wenn sich die Studie auf Krafttraining
konzentrierte, ist das Prinzip übertragbar. Koordinative Fähigkeiten,
Bewegungsökonomie und muskuläre Anpassungen werden auch beim Laufen trainiert
und bleiben teilweise bestehen. Wer über längere Zeit strukturiert trainiert
hat, profitiert bei einer Rückkehr ins Training von diesen gespeicherten
Erfahrungen. Das erklärt, warum viele nach einer längeren Pause schneller zur
alten Form zurückfinden, als ursprünglich erwartet. Die sportliche
Leistungsfähigkeit muss nicht vollständig von vorn beginnen, sondern folgt einem
beschleunigten Wiederaufbau - unterstützt durch das gespeicherte
Trainingsgedächtnis.
Das bedeutet jedoch nicht, dass
Trainingspausen folgenlos bleiben oder ein Rückstand sich von allein auflöst.
Aber es zeigt, dass ein Wiedereinstieg nicht bei null beginnt. Wer den
Trainingsumfang nach einer Pause dosiert steigert, dem Körper Zeit zur Anpassung
lässt, auf Regelmäßigkeit statt auf sofortige Intensität setzt und ergänzend
Kraft- oder Koordinationseinheiten integriert, kann die Rückkehr effizient
gestalten. Die Teilnehmenden der finnischen Studie waren am Ende der zweiten
Trainingsphase sogar leistungsfähiger als nach der ersten. Ein bemerkenswerter
und ermutigender Befund.
Das Muskelgedächtnis ist damit
mehr als nur eine Theorie - es ist ein biologischer Vorteil, der insbesondere
Ausdauersportlern zugutekommt. Die Zellen erinnern sich an frühere Belastungen.
Statt eine Pause negativ zu bewerten, lohnt sich ein gelassener Blick: Der
Körper verzeiht - und hilft, zur gewohnten Leistungsfähigkeit zurückzufinden.
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Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln
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