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Wie viel Mathematik steckt in einer Laufveranstaltung?
 
 
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17.09.2025  

 
 

 
Wie viel Mathematik steckt in einer Laufveranstaltung?

 
Wenn Läufer an den Start gehen, sehen sie vor allem Distanz, Startnummer, Ziellinie und Zeitmessung. Doch hinter diesen scheinbar simplen Bestandteilen verbirgt sich ein ganzes Konstrukt aus mathematischen Modellen, Berechnungen und statistischen Entscheidungen. Mathematik ist kein Randthema bei Laufveranstaltungen ? sie ist Fundament und Werkzeug gleichermaßen.
 
Bereits bei der grundlegenden Berechnung von Geschwindigkeit, Strecke und Zeit wird klar: Ohne Mathematik geht es nicht. Das Tempo, das meist in Minuten pro Kilometer angegeben wird, ist nichts anderes als die Umkehrung der Geschwindigkeit. Die Formel dazu lautet: Tempo ist gleich Zeit durch Strecke, während Geschwindigkeit gleich Strecke durch Zeit ist. Diese einfachen Zusammenhänge begegnen Läufern überall ? im Training, bei der Wettkampfvorbereitung und bei der Nachanalyse von Rennen.
 
Die Aufzeichnung und Interpretation von Zwischenzeiten, den sogenannten Splits, ist ein weiteres Beispiel für mathematisches Denken im Laufsport. Viele Läufer teilen die Gesamtstrecke in Abschnitte ? etwa jeden Kilometer oder jede Meile ? und vergleichen die einzelnen Splitzeiten, um ihre Leistung zu analysieren oder zu optimieren. Dabei spielt auch die Umrechnung von Einheiten eine Rolle, etwa wenn internationale Veranstaltungen in Meilen ausgeschildert sind oder wenn Sekunden in Dezimalminuten übersetzt werden müssen.
 
Auch das Streckenprofil beeinflusst die mathematischen Überlegungen. Eine flache Strecke ist nicht mit einer profilierten zu vergleichen. Steigungen und Gefälle wirken sich auf das Tempo und den Energieverbrauch aus. Deshalb gibt es Konzepte wie das "Grade Adjusted Pace" (GAP), das eine Vergleichbarkeit zwischen hügeligen und flachen Strecken ermöglichen soll. Hier werden mathematische Modelle verwendet, die höhenbedingte Zeitverluste oder -gewinne einrechnen.
 
Ein großer Bereich der Mathematik im Laufsport liegt in der Prognose und Modellierung der individuellen Leistungsentwicklung. Basierend auf physiologischen Parametern wie der VO2max oder der anaeroben Schwelle sowie auf bisherigen Laufzeiten erstellen Algorithmen Prognosen für zukünftige Wettkampfzeiten. Diese Berechnungen sind nicht linear: Ein 10-Kilometer-Lauf in 50 Minuten bedeutet nicht automatisch einen Halbmarathon in 1:45 Stunden. Vielmehr berücksichtigen die Modelle Ermüdung, Energiebereitstellungssysteme und andere dynamische Faktoren.
 
Taktische Überlegungen während eines Laufs sind ebenfalls mathematisch geprägt. Es gibt unterschiedliche Pacing-Strategien wie gleichmäßiges Tempo (Even Splits), ein schnellerer zweiter Teil (Negative Splits) oder ein zu schnelles Angehen (Positive Splits). Studien zeigen, dass das richtige Tempo in Abhängigkeit von der Distanz und vom Streckenprofil entscheidend ist für ein optimales Rennergebnis. Auch Windschattenlaufen ist ein berechenbarer Vorteil: Je nach Position im Pulk kann ein Läufer Energie sparen, was sich wiederum in Sekunden auf der Uhr niederschlägt.
 
Statistisch geht es bei Laufveranstaltungen um weit mehr als nur um Zeiten und Platzierungen. Die Analyse von Teilnehmerfeldern nach Altersgruppen, Geschlecht oder Herkunft, die Auswertung von Häufigkeitsverteilungen von Zielzeiten und das Erkennen von Clustern sind klassische Aufgaben der Statistik. Hinzu kommen historische Datenreihen, die die Entwicklung von Streckenrekorden oder Teilnehmerzahlen über die Jahre hinweg dokumentieren und analysierbar machen.
 
Ein oftmals unterschätzter Bereich mathematischer Anwendung ist die Organisation von Laufveranstaltungen. Die exakte Vermessung der Strecke ist dabei elementar: Nur bei einer korrekt vermessenen Distanz sind die Zeiten vergleichbar und für offizielle Bestenlisten oder Qualifikationen gültig. Dazu kommen Berechnungen zur Kapazitätsplanung, etwa wie viele Verpflegungsstellen, Helfer, Toiletten oder Quadratmeter Startbereich für eine bestimmte Teilnehmerzahl notwendig sind. Auch die Berechnung von Netto- und Bruttozeiten sowie die Programmierung der Zeitmesssysteme basieren auf exakten Algorithmen.
 
Ein weiterer organisatorischer Aspekt ist die richtige Ermittlung des Verpflegungsbedarfs. So steigt zum Beispiel bei steigenden Außentemperaturen der Flüssigkeitsbedarf der Teilnehmer messbar an. Pro Grad Celsius über einer bestimmten Schwelle erhöht sich die pro Kopf benötigte Menge an Wasser und Elektrolyten. Dies erfordert präzise Berechnungen und Erfahrungswerte, um Engpässe an der Strecke zu vermeiden. Ebenso muss bei der Planung berücksichtigt werden, dass nicht jeder gemeldete Teilnehmer auch tatsächlich an den Start geht. Erfahrungswerte zeigen, dass je nach Veranstaltung zwischen fünf und fünfzehn Prozent der Angemeldeten aus verschiedenen Gründen nicht erscheinen. Auch dies fließt in die Kalkulation der Verpflegung und der Infrastruktur ein.
 
Ein Beispiel zeigt, wie konkret Mathematik im Laufalltag wird: Wer beim Halbmarathon eine Zielzeit von 1:45 Stunden anstrebt, also 105 Minuten für 21,0975 Kilometer, muss ein durchschnittliches Tempo von etwa 4 Minuten und 58 Sekunden pro Kilometer laufen. Daraus ergeben sich konkrete Zwischenzeiten: Nach 5 Kilometern sollte man bei etwa 24 Minuten und 53 Sekunden liegen, nach 10 Kilometern bei 49 Minuten und 46 Sekunden und so weiter. Verändert sich das Streckenprofil, etwa durch einen Anstieg im Mittelteil, muss das Tempo angepasst werden, um die Zielzeit dennoch zu erreichen. Selbst Wetter und Wind spielen eine Rolle: Gegenwind kann das Tempo um bis zu drei Prozent verschlechtern, das Laufen in einer Gruppe kann diesen Effekt ausgleichen.
 
 
    Mathematik ist in Laufveranstaltungen tief verankert. Sie entscheidet darüber, wie wir Zeiten messen und vergleichen, wie wir Tempo und Energie einteilen, wie wir Strategien planen und wie fair und standardisiert Wettkämpfe ablaufen. Wer ein Gefühl für die Zahlen hat ? Distanz, Zeit, Tempo, Steigung, Zwischenzeiten ? kann seine Leistung besser steuern, realistische Ziele setzen und den Wettkampf besser verstehen. Mathematik macht den Laufsport transparenter, fairer und vor allem: planbarer.




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Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln


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