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Buchbesprechung "Übergänge - Gedichte eines Jahres"
Nicht jede Lauflektüre handelt
von Trainingsplänen. "Übergänge - Gedichte eines Jahres" zeigt, wie eng Bewegung
und Sprache verbunden sein können. Wolfgang W. Schüler, selbst Läufer und
Lauftherapeut, lädt zu einer literarischen Entdeckungsreise zwischen Alltag,
Reflexion und Lauferfahrung ein.
"Übergänge - Gedichte eines Jahres" von Wolfgang W. Schüler
Wolfgang W. Schüler ist in der
Laufszene seit Jahrzehnten kein Unbekannter. Als Sozialpädagoge, Pädagoge und
international anerkannter Lauftherapeut hat er maßgeblich über Laufsport und
Lauftherapie publiziert und diese geprägt. Laufen ist für ihn nicht nur eine
sportliche Aktivität, sondern ein Erfahrungsraum, in dem Körper, Denken,
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Wahrnehmen und Sinnsuche
zusammenfinden. Über viele Jahre hinweg hat er gezeigt, dass Bewegung weit über
Trainingssteuerung hinauswirken kann. Dass er sich jenseits seiner Fachbücher
auch mit Musik, Fotografie und nun mit Lyrik beschäftigt, wirkt rückblickend
weniger überraschend als folgerichtig.
Mit "Übergänge - Gedichte eines
Jahres" legt Schüler einen Gedichtband vor, der aus einer sehr konkreten
Situation heraus entstanden ist. Wie das Vorwort beschreibt, beginnt alles im
September 2024 mit einem einzelnen Gedicht, geschrieben an einem
Samstagnachmittag, eher zufällig und ohne literarischen Masterplan. Doch dieser
Moment wird zum Auslöser eines kontinuierlichen Schreibprozesses. Innerhalb von
zwölf Monaten entstehen 133 Gedichte, die sich lose am Kalenderjahr orientieren,
von Neujahr bis Silvester, mit jahreszeitlichen Themen als Zwischenstationen,
ohne dabei streng chronologisch zu sein.
Formal beginnt Schüler mit
klassischen Reimformen, die an traditionelle Lyrik erinnern. Im Verlauf des
Jahres löst er sich jedoch zunehmend von festen Strukturen. Mal folgt er einem
klaren Metrum, mal bricht er dieses bewusst auf oder verzichtet vollständig
darauf. Diese Entwicklung ist beim Lesen deutlich spürbar und passt zum Titel
des Buches. Übergänge finden nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich
statt. Die Texte gewinnen an Freiheit, ohne an Klarheit oder Verständlichkeit zu
verlieren.
Inhaltlich kreist der Band um
das Leben selbst. Erinnerungen, Gespräche, Alltagsbeobachtungen, Gedanken,
Fragen und Projektionen finden ihren Platz. Persönliches und Allgemeines
wechseln sich ab, Ernsthaftes steht neben Ironischem, Melancholie neben
Heiterkeit. Auch thematische Ausflüge in biografische Miniaturen oder in eine
eher ungewöhnliche Science-Lyrik fehlen nicht. Immer wieder ist spürbar, dass
der Autor dem Leben und dem Sinn des Lebens auf der Spur ist, tastend,
reflektierend und ohne den Anspruch, endgültige Antworten zu liefern.
Für unsere Leser sicherlich
besonders interessant: Unter den Gedichten finden sich auch zahlreiche Texte
über das Laufen. Nicht als Trainingsbeschreibung oder sportlicher
Leistungsbericht, sondern als Ausdruck einer lebenslangen sportlichen
Leidenschaft. Das Laufen erscheint hier als Denkraum, als Rhythmusgeber und als
Möglichkeit der Selbstbegegnung. Es ist jener Zustand, den viele Läufer kennen,
wenn sich Bewegung und Gedankenfluss verbinden und neue Perspektiven entstehen.
"Übergänge" ist kein Buch, das
man von vorn bis hinten liest. Es eignet sich zum Aufschlagen, zum kurzen
Innehalten und zum Wiederlesen. Die Gedichte wirken wie bewusste Pausen zwischen
zwei Bewegungseinheiten, wie gedankliche Lockerungsläufe oder ruhige
Ausdauerabschnitte abseits fester Zielvorgaben. Sie verlangen keine
literaturwissenschaftliche Vorbildung, sondern lediglich Offenheit und die
Bereitschaft, sich auf Zwischentöne einzulassen.
Für Läufer, die das Laufen
nicht nur als sportliche Leistung begreifen, sondern als Teil ihres Lebens und
ihrer persönlichen Entwicklung, ist dieses Buch eine stille, aber nachhaltige
Entdeckung. Es zeigt, dass Bewegung und Sprache näher beieinanderliegen, als man
oft denkt, und dass Übergänge manchmal genau dort entstehen, wo man innehält,
bevor man den nächsten Schritt macht.
Für unsere Leser sicherlich besonders interessant: Unter den 133 Gedichten
finden sich zahlreiche Texte, in denen das Laufen ausdrücklich zum Thema wird.
Nicht als Trainingsbeschreibung oder sportlicher Leistungsbericht, sondern als
Ausdruck einer lebenslangen Leidenschaft. Das Laufen erscheint hier als
Denkraum, als Rhythmusgeber und als Möglichkeit der Selbstbegegnung - jener
Zustand, den viele Läufer kennen, wenn sich Bewegung und Gedankenfluss verbinden
und neue Perspektiven entstehen.
Lauf‑Lyrik in "Übergänge" (Auswahl):
- Ausdauer (S. 11)
- Laufen - leben (S. 20)
- Laufen - Hauptsache laufen! (S. 30)
- Ist das Laufen? (S. 41)
- Läufer‑Du (S. 55)
- Eintagsgedanken (S. 70)
- Joggen sonntags im Park (S. 80)
- Zufallsbegegnung (S. 93)
- Sind alle schlechten Dinge drei? (S. 104 ff.)
- Gedankenverloren (S. 118 ff.)
- Der tote Punkt (S. 138 ff.)
- Majestät grüßt nicht (S. 158 f.)
- Eins‑zwei, eins‑zwei! (S. 173 f.)
- Winterlaufjacke (S. 186 ff.)
- Lebens‑Lauf (S. 204 f.)
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Titel: Übergänge - Gedichte eines Jahres
Autor: Wolfgang W. Schüler
Umfang: 232 Seiten (Taschenbuch)
Verlag: tredition GmbH, erschienen am 15. September 2025
Preis: ca. 13,99 EUR (UVP, Taschenbuch)
ISBN: 978-3-384-69981-7 |
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Autor und Copyright: Detlev Ackermann, Laufen-in-Koeln
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